Von Schalke über den SC Hassel zum VfB Hüls: Ein ehemaliger Junioren-Nationalspieler kickt in der Bezirksliga. Dominik Hamers vom Medienhaus Bauer sprach mit dem Winterzugang Kadir Gökyar.
von Dominik Hamers / Marler Zeitung (29.03.2018)
Zunächst mag man Kadir Gökyar nicht so recht glauben. Denn es ist wahrlich keine einladende Kulisse, die sich dem Besucher am Trainingsplatz des VfB Hüls bietet. Vor der Sporthalle liegt eine Baustelle, der Badeweiher scheint grau und trist, es regnet. Trotzdem sagt der 24-Jährige im Brustton der Überzeugung: „Hier bin ich zuhause und fühle mich wohl. Hier habe ich Spaß am Fußball.“
Mit Gökyars persönlichem Empfinden bei diesem Anblick mag es so sein wie mit einem Blick auf die Karriere des ehemaligen Junioren-Nationalspielers. Ein junger Fußballer, der seine ehemaligen Mannschaftskollegen Max Meyer, Leroy Sane und Thilo Kehrer fast nur noch im Fernsehen sieht, blüht plötzlich bei einem Bezirksligisten auf. Das muss man irgendwie verstehen.
Es gibt Dinge, die Menschen Kadir Gökyar auszeichnen. Seine Bescheidenheit zum Beispiel. Oder seine Höflichkeit.In erster Linie aber ist es der Umgang mit seiner Karriere. Die fing vielversprechend in der Jugend von Schalke 04 an – doch aus dem Traum Profifußball wurde nichts.
"Hier beim VfB habe ich Lust auf Fußball"
Ob er irgendwann, an einem bestimmten Punkt seiner Karriere, falsch abgebogen ist, interessiert Kadir Gökyar heute nicht mehr. „Ich bin keiner, der die Schuld bei anderen sucht“, betont er. Für ihn ist wichtig: „Hier beim VfB habe ich Lust auf Fußball.“
Freilich: Als er sich im Winter für einen erneuten Wechsel zum Badeweiher entschied, da hätte er bei höherklassigen Klubs unterschreiben können. Schließlich war er nach dem Rückzug des SC Hassel aus der Oberliga Westfalen auf dem Markt – und der ehemalige Schalker ist in der Fußballszene kein Unbekannter. „Das Telefon stand nicht mehr still“, erinnert er sich – und lacht, als er das sagt.
Statt Westfalen- oder Oberliga heißt sein Alltag Bezirksliga. „Ich habe mittlerweile einen Punkt erreicht, an dem mir klar wird, dass ich auf das ganze Hin und Her keine Lust mehr habe. Ich will einfach nur auf dem Platz stehen“, sagt er. Und das nach Möglichkeit ambitioniert.
Unter Trainer Christoph Schlebach spielt Gökyar mit dem VfB Hüls um den Aufstieg in die Landesliga. „Es wäre toll, wenn wir so lange wie möglich oben mitspielen“, sagt der 24-Jährige. Gökyar formuliert das vorsichtig, sein Verein peilt ganz klar den Aufstieg an. Es wäre ein bedeutsamer Schritt. Einer, der für beide – den VfB Hüls und Kadir Gökyar – ein bisschen mehr Glanz versprechen würde.
Der Mittelfeldspieler macht es einem übrigens einfach, seine ganz persönliche Zufriedenheit nachvollziehen zu können. „Egal, welche Ziele ich hätte erreichen können – für mich gilt, dass ich nie meine Wurzeln vergesse“, sagt er bedeutungsschwer.
Als „Marler Junge“, wie er sich selbst bezeichnet, sei es eine Herzensangelegenheit gewesen, sich für den VfB zu entscheiden. „Hier ist alles so familiär. Ich merke, dass ich hier gebraucht werde“, erklärt er.
INFO Kadir Gökyar
wurde 1994 in Marl geboren. Beim FC Schalke 04 durchlief er von der U14 bis zur U23 alle Nachwuchs-Mannschaften. Für die deutsche U17-Nationalmannschaft absolvierte er sechs Spiele, für die U16-Auswahl trat er einmal an.